Multiple Sklerose (MS)
Die multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems (ZNS). Sie wird hervorgerufen durch eine Störung des Immunsystems, indem sich die körpereigene Immunabwehr nicht gegen fremde Erreger sondern gegen den eigenen Organismus richtet (Autoimmunerkrankung), in diesem Fall gegen das Gehirn und das Rückenmark.
Daher können sich sehr unterschiedliche Symptome zeigen, die auf das Nervensystem zu beziehen sind. Meistens bestehen anfangs kürzere Krankheitsepisoden, sog. Schübe, später kann sich ein chronischer Krankheitsverlauf entwickeln. Auch bleibende Behinderungen sind dann möglich. Die Erkrankung beginnt häufig schon im jungen Erwachsenenalter. Daher sind eine frühe Diagnose und ein zügiger Beginn einer Langzeitbehandlung wichtig.
Welche Symptome sich entwickeln, hängt davon ab, an welchen Stellen diese Entzündungen auftreten. Häufig sind:
- Sehstörungen
- Gefühlsstörungen
- Lähmungen
- Gang- und Koordinationsstörungen
- Blasenstörungen
- gelegentlich kognitive Beeinträchtigungen
Diagnose
Für die Erstdiagnose sind neben einer präzisen körperlichen Untersuchung und Erhebung der Krankengeschichte kernspintomographische und neurophysiologische Untersuchungen sowie eine Analyse des Liquors (Nervenwasser) wichtig. Für diese Untersuchungen nehmen wir unsere Patient:innen kurz stationär auf.
Wichtiger Bestandteil einer MS-Diagnostik ist die Abgrenzung von anderen chronischen Erkrankungen des Nervensystems, vor allem entzündlichen, die mit ähnlichen Symptomen einhergehen können. Exemplarisch gehören dazu die Neuromyelitis optica, die Neuro-Borreliose (von Zecken übertragene Bakterien), Entzündungen der Blutgefäße oder auch seltene Erkrankungen der Lunge, wie z. B. Sarkoidose.
Therapie
Die Medizin hat in der Behandlung der MS in den vergangenen Jahren sehr große Fortschritte gemacht. Voraussetzung für einen nachhaltigen Therapieerfolg ist ein langfristig angelegtes und vertrauensvolles Ärzt:innen-Patientenverhältnis. Denn leider ist zwar die Erkrankung nicht wirklich heilbar, sehr wohl aber in ihrem Langzeitverlauf positiv zu beeinflussen.
Zu unterscheiden ist die Behandlung des akuten Krankheitsschubes mit Kortison oder Plasmapherese („Blutwäsche“) von der immunologischen Langzeittherapie, deren Ziel es ist Schübe zu verhindern und die Entwicklung einer Behinderung aufzuhalten. Medikamente sind hier Spritzen zur Selbsttherapie (z. B. Interferone), aber auch oral einnehmbare Substanzen (z. B. Fumarat).
Wenn eine normale Basistherapie dieser Art nicht ausreicht, muss eine Eskalationstherapie geplant werden, z. B. mit monoklonalen Antikörpern. Das sind intravenös zu gebende Substanzen, die gezielt einzelne Elemente unseres sehr komplexen Immunsystems ausschalten.
Zur diagnostischen Abklärung der teilweise sehr komplexen Krankheitssituation kann es sinnvoll sein zwei bis vier Tage im Krankenhaus zu verbringen, bei einer unmittelbar erforderlichen Therapie natürlich auch länger. Bei akuten Krankheitssituationen, Schüben, finden über mehrere Tage stationäre Behandlungen statt.
Während die niedergelassenen Fachärzt:innen die allgemeine Betreuung und Basistherapie steuern, kümmern wir uns in unserer Spezialambulanz um diejenigen Patient:innen, bei denen besondere diagnostische oder therapeutische Herausforderungen bestehen. Dafür steht ein Team aus speziell ausgebildeten Fachärztinnen und Krankenschwestern zur Verfügung.
Häufig sind wir gefragt im Sinne eines Zweitmeinungs-Verfahrens zu Diagnose und Therapie. Therapeutisch führen wir diejenigen Behandlungen durch, die in der Praxis nicht realisiert werden können, z. B. die sehr aufwändigen Infusionsbehandlungen mit monoklonalen Antikörpern wie z. B. Natalizumab, Ocrelizumab.
Sobald der wissenschaftliche Fortschritt neue Therapieansätze erlaubt, setzten wir diese in Absprache mit unseren niedergelassenen Kolleg:innen und nach sorgfältiger Aufklärung unserer Patient:innen schnell um. Wir nehmen uns Zeit für eine ausführliche Aufklärung und Beratung, um der individuellen Krankheitssituation eines jeden Einzelnen gerecht zu werden. Darüber hinaus stehen wir in einem sehr engen Kontakt mit den niedergelassen Fachärzt:innen. Denn jedes Behandlungskonzept muss langfristig orientiert und sorgfältig miteinander abgestimmt sein.
Oberarzt Dr. Schulten ist ärztlicher Beirat der hiesigen Selbsthilfegruppe der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG). Er und seine Kolleg:innen führen regelmäßig Informationsveranstaltungen für betroffene Patient:innen durch.