Dr. Claudia Münks-Lederer: „COPD zu oft eine Zufallsdiagnose“
20.11.2024Die „chronisch obstruktive Lungenerkrankung“ zählt weltweit zu den drei häufigsten Todesursachen – etwa alle zehn Sekunden stirbt ein Mensch an den Folgen dieser Erkrankung. Auch in Deutschland führt COPD jährlich bei einer Vielzahl von Betroffenen zum Tod. Dabei ließe sich die Sterblichkeitsrate mit vergleichsweise einfachen Maßnahmen deutlich senken, so Dr. Claudia Münks-Lederer, seit Juli Direktorin der Klinik für Pneumologie am Klinikum Leverkusen.
Wer an COPD (engl. für „chronic obstructive pulmonary disease“) erkrankt, merkt dies nicht unbedingt sofort. „Es passiert schleichend über viele Jahre“, sagt Dr. Claudia Münks-Lederer über die Entwicklung der gefährlichen Krankheit. Betroffene würden diese Erkrankung zu spät bemerken, da sie zunächst unbewusst auf besondere Anstrengungen wie Sport, Treppensteigen oder Spazierengehen verzichten. Das Ausmaß der Luftnot unter Belastung wird so verschleppt, bevor irgendwann klar werde, dass sie an einer ernstzunehmenden Lungenerkrankung leiden. „Der chronische Husten zum Beispiel wird nicht selten als `simpler Raucherhusten´ verharmlost“, so die Expertin. Dabei ist eine frühe Diagnose entscheidend. „Dann haben wir gute Behandlungsmöglichkeiten.“
COPD engt die Atemwege immer stärker ein und zerstört Stück für Stück die Lungenstruktur. Dadurch sinkt bei Betroffenen nicht nur die Lebensqualität; auch führt die Krankheit eben zum frühzeitigen Tod. Häufig auch, da andere Organe mit betroffen sind: „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient mit einer COPD auch eine Herzerkrankung hat, liegt bei 45 Prozent“, sagt die Chefpneumologin am Klinikum Leverkusen.
Nikotin-Konsum weiterhin großes Problem
Bei der COPD kann es, oft ausgelöst durch einen Infekt, zu einer akuten Verschlechterung kommen, die mit deutlicher Luftnot einhergeht. „Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von einem Jahr nach einer schweren `Exazerbation´ – also einer akuten Verschlechterung, die ins Krankenhaus führt – zu sterben, liegt bei über 20 Prozent“, so Münks-Lederer. „Das Risiko eines Herzinfarktes in den ersten Tagen nach einer schweren Exazerbation verdoppelt sich.“
Verursacht werden kann COPD auch durch genetische Faktoren oder durch Luftverschmutzung. „Hauptursache in unseren Regionen ist aber nach wie vor das Rauchen“, betont die Fachärztin. Mindestens ein Drittel aller Rauchenden würde früher oder später erkranken. Vor diesem Hintergrund besonders ernüchternd für Fachleute wie Dr. Claudia Münks-Lederer: Obwohl die allgemeinen schwerwiegenden Gesundheitsrisiken bekannt sind, ist die Zahl der Raucherinnen und Raucher seit der Corona-Pandemie wieder gestiegen.
Mehr Früherkennung durch Lungenfunktionstests,
mehr Prävention durch Impfungen
Umso wichtiger ist für die Lungenspezialistin die generelle Aufklärung. Und auch in den Hausarztpraxen sieht Dr. Claudia Münks-Lederer noch viel Potenzial: „COPD wird meistens zu spät erkannt und ist zu oft eine Zufallsdiagnose“. Dies habe vielerlei Gründe.
Ein einfacher Fragebogen mit fünf Fragen kann das Risiko erkennen lassen (siehe unten). „Wenn der Test positiv ist, sollte man beim Hausarzt einen Lungenfunktionstest machen lassen“, empfiehlt die Fachfrau. „So kann die Erkrankung wesentlich früher erkannt und behandelt werden, bevor zu viel Lungenstruktur zerstört ist.“
Die Pneumologin weist gleichzeitig auf die Bedeutung von Impfungen hin, um schwere Exazerbationen zu vermeiden: „Gerade in der aktuellen Jahreszeit infizieren sich viele Patientinnen und Patienten mit Corona- und Grippeviren, Pneumokokken oder dem RSV-Erreger. Wer sich impfen lässt, kann das Risiko, besonders schwer zu erkranken, erheblich senken.“
Fragebogen:
• Husten Sie regelmäßig?
• Husten Sie regelmäßig Schleim ab/aus?
• Leiden Sie bei leichten Arbeiten unter Luftnot?
• Keuchen/röcheln Sie unter Anstrengung oder in der Nacht?
• Leiden Sie oft an einer Erkältung?
Wenn Sie mindestens eine Frage mit Ja beantworten, sollte Ihr behandelnder Arzt eine „Spirometrie“ durchführen – einen Test auf COPD. Ist das Ergebnis auffällig, sollte umgehend eine Überweisung zum Lungenarzt erfolgen.