„Gefährlich wird es, wenn die Vorwölbung nicht mehr verschwindet“
30.10.2024Interview mit Dr. Dirk Antoine, Leiter des zertifizierten Hernienzentrums im Klinikum Leverkusen, zum Tag der Hernie am 3. November.
Herr Dr. Antoine, wie entstehen Hernien und wer ist besonders gefährdet?
Hernien, umgangssprachlich oft „Brüche“ genannt, entstehen meist an natürlichen Schwachstellen der Bauchdecke, die jeder Mensch hat – etwa im Bereich des Nabels oder der Leiste. Sie können auch erworben sein, etwa durch Narben nach Operationen. Veranlagung spielt ebenfalls eine Rolle: Ein schwaches Bindegewebe oder eine schwache Bauchmuskulatur können die Entstehung von Hernien begünstigen.
Was erhöht das Risiko, eine Hernie zu entwickeln?
Es gibt eine ganze Reihe von Risikofaktoren, die die Entwicklung von Hernien begünstigen können. Schwangerschaft und starkes Übergewicht setzen die Bauchdecke unter Spannung, während Diabetes und Rauchen das Gewebe schwächen. Auch Erkrankungen und Operationen können das Gewebe zusätzlich beeinträchtigen. Darüber hinaus belasten chronischer Husten, starkes Pressen – etwa beim Heben schwerer Gegenstände – und intensive körperliche Arbeit die Schwachstellen der Bauchdecke. Dadurch kann sich die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass eine Hernie entsteht.
Welche Gefahren gehen von Hernien aus, wenn sie nicht behandelt werden?
Im Anfangsstadium bildet sich bei Belastung zunächst eine Vorwölbung aus, die meist zurückgedrückt werden kann oder sich von selbst zurückbildet. Gefährlich wird es, wenn die Vorwölbung nicht mehr verschwindet und stärkste Schmerzen auftreten – das kann auf eine Einklemmung hinweisen, bei der Gewebe oder Organe wie der Darm eingeklemmt werden. Das Risiko liegt hier bei etwa 1 bis 3 % pro Jahr, aber in so einem Fall handelt es sich um einen medizinischen Notfall, der sofort ärztlich untersucht und gegebenenfalls operativ behandelt werden muss.
Auf welche Anzeichen sollte man achten, um rechtzeitig ärztlichen Rat einzuholen?
Bei Anzeichen einer Einklemmung, also starken Schmerzen und einer Vorwölbung, die sich nicht zurückbildet, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden. Sonst sind typische Anzeichen ein Druckgefühl oder Schmerzen in Ruhe oder bei Belastung, Ziehen, Brennen oder Stechen, insbesondere, wenn sich die Vorwölbung vergrößert. Auch eine Einschränkung der Belastbarkeit im Beruf und in der Freizeit kann auf eine Hernie hindeuten. Betroffene weisen oft auch eine Veränderung der Körperform auf.
Warum ist das Hernienzentrum im Klinikum Leverkusen ein idealer Ort zur Behandlung von Hernien?
In unserem Hernienzentrum bieten wir eine spezialisierte Versorgung aller Patientinnen und Patienten. In der speziellen Herniensprechstunde legen wir größten Wert auf eine gründliche Untersuchung und eine individuelle Beratung. Die gesamte Krankengeschichte wird berücksichtigt, und wir besprechen gemeinsam die möglichen Operationsmethoden – inklusive Risiken und Komplikationen – in verständlicher Weise. Es ist uns wichtig, auf persönliche Sorgen und Ängste einzugehen, und unser Team ist besonders erfahren: Wir führen jährlich rund 600 bis 800 Hernienoperationen durch, darunter 400 bis 500 Leistenbruch- und 60 bis 80 Narbenbruchoperationen.
Was zeichnet das Hernienzentrum Leverkusen im Vergleich zu anderen Einrichtungen dieser Art aus?
Das Zentrum ist als Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie durch die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) zertifiziert und trägt das Qualitätssiegel der Deutschen Herniengesellschaft (DHG). Diese Zertifizierungen bedeuten, dass unsere Ausstattung, Qualifikationen, Techniken und die Qualität unserer Ergebnisse regelmäßig extern überprüft werden. Wir arbeiten nach den neuesten Leitlinien und nutzen moderne, risikoarme, schonende Verfahren, darunter vorrangig minimalinvasive Techniken. Zudem bieten wir eine individuelle Operationsplanung und führen gründliche Nachuntersuchungen durch – das sorgt für langfristig gute Ergebnisse und eine hohe Zufriedenheit unserer Patientinnen und Patienten.