Magenkrebs
Magenkrebs gehört zu den wenigen Krebsarten, die in den letzten Jahrzehnten seltener auftreten. Zudem haben auch die Infektionen mit dem Magenbakterium Helicobacter pylori abgenommen, die das Risiko erhöhen, an Magenkrebs zu erkranken. Allerdings ist die Tendenz bei den Adenokarzinomen des gastroösophagealen Übergangs, kurz AEG, ansteigend. Diese Sonderformen der Magenkarzinome betreffen den Übergang der Speiseröhre (Ösophagus) zum Magen, ähnlich den Adenokarzinomen der unteren Speiseröhre. Dies hängt vermutlich mit unseren veränderten Essgewohnheiten zusammen. Durchschnittlich erkranken jährlich deutlich weniger Menschen an Magenkrebs als an Darmkrebs.
Eine Früherkennung für Magenkrebs gibt es bisher nicht. Die Erkrankung geht in neun von zehn Fällen von den Drüsenzellen der Magenschleimhaut aus, weshalb sie zu den sogenannten Adenokarzinomen gehört. Oft spüren an Magenkrebs erkrankte Menschen keine oder nur unklare Symptome. Daher wird die Erkrankung häufig erst festgestellt, wenn sie weit fortgeschritten ist. Kann der Magenkrebs nicht mehr operiert werden, ist die Prognose ungünstig.
Frühe unspezifische Anzeichen
- Blutverlust mit Teerstühlen (blutiger, schwarz gefärbter Stuhl)
- Unwohlsein und Erbrechen
- Gewichtsverlust
- Appetitlosigkeit
- Schluckbeschwerden
- Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori
- Rauchen und Alkoholkonsum
- stark gesalzene oder gepökelte Speisen
- viel Wurst und gegrilltes Fleisch
- familiäre Belastung und Vorerkrankungen
- eine frühere Operation am Magen
Etwa 30 Prozent der Menschen tragen das Bakterium Helicobacter pylori in sich. Für die meisten ist es harmlos. Es kann zu dauerhaften Entzündungen der Magenschleimhaut und zu Geschwüren führen, die Magenkrebs begünstigen. Nur bei Beschwerden oder weiteren Risikofaktoren, wird medikamentös behandelt.
Diagnostik
Nach dem Anamnese-Gespräch und der körperlichen Untersuchung führen wir meist ambulant eine Magenspiegelung (Gastroskopie) durch. Dazu wird ein dünner, biegsamer Schlauch (Endoskop) durch den Mund in Speiseröhre und Magen eingeführt. An der Spitze des Schlauchs befindet sich eine kleine Kamera. Damit können unsere Experten die Magenschleimhaut untersuchen. Durch die Verwendung hochauflösender Kameras und die Verwendung verschiedener Farbstoffe können wir auch Vorstufen des Magenkarzinoms finden und frühzeitig behandeln. Zusätzlich entnehmen wir direkt Gewebeproben, eine sogenannte Biopsie. Diese werden dann von unseren Pathologen feingeweblich (histologisch) untersucht, um zu prüfen, ob Krebszellen vorliegen.
Stellen wir bei der Magenspiegelung einen Tumor fest, folgen weitere Untersuchungen wie ein Ultraschall des Magens von innen (Endosonographie), um zu prüfen, wie weit der Krebs in die Magenwand eindringt. Anhand einer Computertomographie (CT) des Brustkorbs und der Bauchhöhle klären wir zusätzlich ab, ob Tochtergeschwüre (Metastasen) in der Lunge, der Leber oder in Lymphknoten vorliegen.
Hat der Tumor bereits die tieferen Wandschichten des Magens oder große Anteile des Magens befallen, führen wir in der Regel vor Einleitung einer weiterführenden Therapie eine diagnostische Laparoskopie (Bauchspiegelung) durch, da das Magenkarzinom dazu neigt, frühzeitig Absiedlungen auf dem Bauchfell (Peritoneum) zu bilden. Bei diesem minimalinvasiven Eingriff inspizieren wir die Bauchhöhle direkt mit einer Kamera und entnehmen Gewebeproben (Biopsien).
Eine möglichst frühzeitige Einbindung unserer geschulten Ernährungsassistent:innen ist unerlässlich, da die Patient:innen häufig bereits sehr früh unter reduzierter Nahrungsaufnahme und Gewichtsverlust leiden. Bereits während der ersten Vorstellungstermine mit den Patient:innen und ihren Angehörigen werden individuelle Ernährungskonzepte erarbeitet und festgelegt, um die Patient:innen körperlich bestmöglich auf die weiteren Therapieschritte vorzubereiten.
Therapie
Ziel der Behandlung von Magenkrebs ist es, den Tumor zusammen mit den vermeintlich befallenen Lymphknoten möglichst vollständig zu entfernen. In bestimmten Fällen werden auch vereinzelte Metastasen in anderen Organen mitentfernt, etwa bei einer Oligometastasierung. Diese beschreibt ein Übergangsstadium von einer lokal begrenzten Erkrankung zu einem systemischen Auftreten mit Metastasen an mehreren Orten und Organen. In diesem Zwischenstadium mit drei bis maximal fünf Metastasen in einem oder wenigen Organen ist beim Magenkarzinom eine operative Therapie nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Tumorvorstufen und kleinere Tumore, die früh erkannt werden und nur die innersten Schichten des Magens betreffen, können lokal schonend mit dem Endoskop abgetragen werden, da sie nur ein sehr geringes Risiko für Lymphknotenmetastasen haben. Dafür stehen zwei Verfahren zur Verfügung: die endoskopische Mukosaresektion (EMR) und die endoskopische Submukosadissektion (ESD), Da Magenkrebs aber meist spät erkannt wird, ist dies nur selten möglich. Nach dem Eingriff muss unbedingt auch eine Infektion mit Helicobacter pylori komplett beseitigt werden.
Heutzutage sind die beiden Therapiekonzepte Operation und perioperative Chemotherapie in der Behandlung des Magenkarzinoms eng miteinander verknüpft. Durch eine neoadjuvante Chemotherapie werden heute fast alle Patient:innen vorbehandelt, bei denen das Karzinom die etwas tieferen Wandschichten des Magens befallen hat (ab T2, Submukosa) und die noch keine anderen Organmetastasen oder einen Befall des Bauchfells aufweisen. Ziel ist es hierbei, den Tumor und vermeintliche Lymphknotenmetastasen zu verkleinern und zurückzudrängen, um die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Tumorentfernung zu erhöhen. Nach einer mehrwöchigen Chemotherapie erfolgt nach drei bis vier Wochen Erholungsphase eine erneute ausgiebige Diagnostik (Restaging), in der das Ansprechen auf die Therapie überprüft wird. Im überwiegenden Fall zeigt sich ein gutes bis sehr gutes Ansprechen auf die Vorbehandlung. Bei bis zu 20 Prozent der Fälle ist der Tumor sogar in der Endoskopie vollständig zusammengeschrumpft. Als Konsequenz erfolgt nach zwei bis vier Wochen dann die radikale Operation.
Die Art des operativen Eingriffs richtet sich nach dem Ergebnis der feingeweblichen Untersuchung und dem Stadium der Erkrankung (TNM-Klassifikation) sowie der Lage des Tumors. Im überwiegenden Teil der Fälle entfernen unsere Chirurgen den Magen ganz (totale Gastrektomie) genauso wie die betroffenen Lymphknoten (D2-Lymphadenektomie) an der kleinen und großen Seite des Magens und entlang der Gefäße. Liegt der Tumor in der Nähe des Magenausgangs, kann ein Teil des Magens erhalten werden (4/5 Resektion). Aus einer Dünndarmschlinge formen unsere Spezialisten dann einen Ersatzmagen, der an Stelle des Magens mit der Speiseröhre verbunden wird (Anastomose) und die Nahrungspassage wiederherstellt.
Durch die Weiterentwicklung der chirurgischen Techniken werden auch diese Eingriffe, wenn von den anatomischen Gegebenheiten möglich, in über 50 Prozent der Fälle möglichst körperlich schonend minimalinvasiv in Schlüssellochtechnik durchgeführt. Die operativen Möglichkeiten bei der Magenchirurgie haben sich durch den Einsatz des roboterassistierten Operationssystems da Vinci sehr erweitert. Er ermöglicht besonders schonende Eingriffe. Unsere Chirurg:innen können so ohne große Schnitte höchst präzise operieren mit besten Ergebnissen: kleine Narben, wenig Blutverlust, geringe Schmerzen, schnelle Mobilisation und frühe Entlassung aus dem Krankenhaus. Mehr Informationen über das hochmoderne da Vinci-Operationssystem finden Sie hier.
Je nach Ergebnis der feingeweblichen Aufarbeitung (Histologie) etwa fünf Tage nach Operation sowie der zuvor gewählten neoadjuvanten Vorbehandlung, wird den Patient:innen im Anschluss an die erfolgte Besprechung aller erhobenen Befunde in unserem interdisziplinären Tumorboard, die zusätzliche Durchführung einer adjuvanten Chemotherapie empfohlen.
Eine Operation ist nicht die Therapie der ersten Wahl bei unheilbarem, fortgeschrittenem Magenkrebs mit einer hämatogenen Metastasierung in anderen Organen oder weit entfernten Lymphknoten. Auch wenn der Tumor bereits frühzeitig das komplette Bauchfell (Peritonealkarzinose) befallen hat oder der Allgemeinzustand, bedingt durch die Begleiterkrankungen eines Patienten, beeinträchtigt ist, lässt dies keine OP zu. Dann ist eine systemische Chemotherapie die effektivste Behandlung, die heutzutage individuell angepasst möglichst zielgerichtet und schonend durchgeführt wird. Ziel dieser Maßnahmen ist es, das Leben durch Zurückdrängen des Tumors zu verlängern, Schmerzen zu lindern und die verbleibende Lebensqualität zu verbessern. Eine Verengung oder ein Verschluss des Magens kann zudem mit einem schonend endoskopisch eingebrachten Stent, einer sich selbsterweiternden Röhre, aufgedehnt und offengehalten werden. Ist dies technisch nicht möglich, können unsere Chirurg:innen eine Verbindung zwischen dem Dünndarm und dem Magenanteil, der oberhalb der Verengung liegt (Gastroenterostomie), schaffen.
Nach der OP
Frischoperierte werden für ein bis zwei Tage nach der Operation auf der Intensivstation beobachtet. Sie erhalten über einen zentralen Venenkatheter und einen Periduralkatheter eine künstliche Ernährung und eine ausreichende Schmerztherapie. In der Regel überprüfen wir am fünften Tag nach der Operation die neu angelegte Verbindung zwischen Dünndarm und Speiseröhre (Anastomose) und beginnen mit dem langsamen Kostaufbau. Nach wenigen Tagen können die Patient:innen wieder regelrecht essen, müssen jedoch anfangs ihre Essgewohnheiten etwas anpassen. Wichtig ist daher eine frühzeitige Ernährungsberatung und eine regelmäßige Gewichtskontrolle. Die meisten Patient:innen können am 8.-12. Tag nach der Operation entlassen werden. Schon während des stationären Aufenthaltes organisiert das Entlassmanagement frühzeitig in Rücksprache mit den Patient:innen eine Weiterbehandlung in einer Rehabilitationsklinik.
Nach einer Operation kann es zu Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, Schmerzen, Blutarmut oder Osteoporose kommen. Wegen des Blutverlustes kann Eisenmangel auftreten, der sich durch Entzündungen in den Mundwinkeln, brüchige Haare oder Fingernägel und eine graugelbe Hautfarbe zeigt. Magenoperierte haben zudem oft einen Mangel an Vitamin B12 oder Vitamin D. Sie müssen ihre Ernährung umstellen, um Mangelerkrankungen und schweren neurologischen Störungen vorzubeugen. Betroffene benötigen lebenslang intramuskulär injiziertes Vitamin B12. Die Injektion erfolgt in der Regel monatlich.
Weitere Informationen
Mehr Informationen und Unterstützung finden an Krebs Erkrankte im Viszeralonkologischen Zentrum des Klinikums Leverkusen. Mit unserem ganzheitlichen Ansatz tun wir alles, damit Krebspatient:innen sich bei uns gut aufgehoben fühlen.
Uns ist es wichtig, auch nach der Behandlung für unsere Patient:innen da zu sein. Wir begleiten Sie mit Veranstaltungen, Gesprächskreisen und Selbsthilfegruppen.
www.krebs-selbsthilfe-lev.de
Die Selbsthilfegruppe SHG Magen-Darm-Trakt bietet aufgrund der aktuellen Pandemie-Lage mit Unterstützung des Klinikums derzeit reine Online-Treffen durch. Ansonsten führt die Gruppe regelmäßige Gruppentreffen durch.
Eine umfassende Broschüre der Deutschen Krebshilfe, die mit Magenkrebs erkrankte Menschen bei der Bewältigung ihrer Erkrankung unterstützt, ist kostenfrei erhältlich unter www.krebshilfe.de.