Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom)
Speiseröhrenkrebs ist eine bösartige Zellwucherung (Tumor) im Bereich der Speiseröhre, die oft erst spät Beschwerden verursacht. Das Ösophaguskarzinom tritt relativ selten auf, bei Männern etwas häufiger als bei Frauen. Wird Speiseröhrenkrebs in einem frühen Stadium erkannt, kann er durch eine örtliche Therapie oder eine Operation entfernt und geheilt werden.
Beim Speiseröhrenkrebs unterscheidet man zwei feingeweblich unterschiedliche Typen: das Plattenepithel- und das Adenokarzinom. Das Adenokarzinom tritt in den letzten Jahren deutlich häufiger auf. Es befällt überwiegend die untere Speiseröhre und wird meist durch eine Entzündung der Speiseröhre hervorgerufen durch jahrelangen Rückfluss saurer Magensäfte oder alkalischer Gallensäuren aus dem Magen. Bei diesen Patient:innen lässt sich zudem oft Übergewicht, Bluthochdruck und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Metabolisches Syndrom) gleichzeitig beobachten. Das Plattenepithelkarzinom ist in seiner Häufigkeit in den letzten Jahren rückläufig. Es befällt häufiger den oberen und mittleren Teil der Speiseröhre und wird durch Rauchen und hohen Alkoholkonsum begünstigt. Häufige Begleitsymptome sind ein hoher Gewichtsverlust und eine Lungen- und Leberfunktionsstörung.
Da der Tumor die Speiseröhre immer weiter einengt, haben Betroffene meist diese typischen Symptome:
- Schluckbeschwerden (Dysphagie)
- Sodbrennen
- Erbrechen nach fester Nahrung
- Druckgefühl oder Schmerzen im Rücken und hinter dem Brustbein
- Heiserkeit
- Gewichtsabnahme
Diagnostik
Im Rahmen der präoperativen Diagnostik sollen drei wesentliche Fragen beantwortet werden, um entscheiden zu können, welche individuelle Therapie den Patient:innen empfohlen werden soll: Wie weit ist der Tumor lokal ausgedehnt? Haben sich bereits Tochtergeschwülste (Metastasen) gebildet? Und wie ist die allgemeine körperliche Belastbarkeit im Hinblick auf eine mögliche Operation oder Chemotherapie einzustufen?
Besteht der Verdacht auf einen Speiseröhrenkrebs, stellen unsere Spezialisten mithilfe einer Speiseröhrenspiegelung (Gastroskopie) und einer sogenannten Endosonographie, einer von innen durchgeführten Ultraschalluntersuchung, die Diagnose. Dazu schlucken die Patient:innen einen dünnen Schlauch, der durch die Speiseröhre bis in den Magen oder den Zwölffingerdarm geschoben wird. An der Spitze des Schlauchs befindet sich neben einem Ultraschallkopf eine Kamera. Mit dieser untersuchen unsere Ärzt:innen die Schleimhaut der Speiseröhre. Zudem können sie mit einer winzigen Zange an verdächtigen Stellen Gewebeproben entnehmen (Biopsie). Diese werden anschließend im Labor feingeweblich (histologisch) untersucht. Mit dem endoluminalen Ultraschall wird die Eindringtiefe des Tumors und die Beteiligung unmittelbar angrenzender Organe untersucht. Eine Computertomographie (CT) des Bauchraums und der Lunge dient der Beurteilung von Fernmetastasen und der Abklärung pathologischer Lymphknotenvergrößerungen. Dies gibt Aufschluss darüber, ob und wie weit sich der Tumor im Körper ausgebreitet hat.
Vor der Operation sind intensive Untersuchungen des Herz-Kreislauf-Systems sowie der Lungenfunktion der Patient:innen wichtig, da bei dieser Patient:innengruppe häufig schwerwiegende Begleiterkrankungen vorliegen. Da insbesondere die oft heilende operative Therapie mit einer hohen körperlichen Belastung und Komplikationsrate verknüpft ist, muss das individuelle Risiko jedes einzelnen Betroffenen vor einer interdisziplinären Therapieentscheidung genau betrachtet werden.
Eine möglichst frühzeitige Einbindung unserer geschulten Ernährungsassistent:innen ist unerlässlich, da die Patient:innen häufig bereits sehr früh unter reduzierter Nahrungsaufnahme und Gewichtsverlust leiden. Bereits während der ersten Vorstellungstermine mit den Patient:innen und ihren Angehörigen werden individuelle Ernährungskonzepte erarbeitet und festgelegt, um die Patient:innen körperlich bestmöglich auf die weiteren Therapieschritte vorzubereiten.
Therapie
Die Heilungschancen hängen davon ab, wie weit die Krebserkrankung fortgeschritten ist. Je nach Stadium und Gesundheitszustand des Betroffenen legt unser spezialisiertes Ärzteteam im interdisziplinären Tumorboard, das sich aus Onkologen, Chirurgen, Strahlentherapeuten, Pathologen und Radiologen zusammensetzt, das Behandlungsziel fest.
Eine endoskopische Behandlung ist schonender, eignet sich aber nur, wenn sich der Tumor in einem frühen Stadium auf die oberflächlichen Schichten der Schleimhaut beschränkt. Wie bei einer Spiegelung der Speiseröhre führen die Ärzt:innen über einen dünnen Schlauch Instrumente in die Speiseröhre ein und schneiden den Tumor endoskopisch möglichst im Ganzen heraus (EMR, ESD). Die Speiseröhre und die Schluckfunktion können so erhalten werden. Tumoren, die die tieferen Wandschichten erreichen, sollten auf Grund ihrer häufigen Lymphknotenmetastasen durch eine radikale Operation behandelt werden.
Die Wirkstoffe einer Chemotherapie hemmen Krebszellen, die sich besonders schnell teilen. Da sie durch den Blutkreislauf im gesamten Körper verteilt werden, werden auch gesunde Zellen geschädigt. Dies kann zu Blutarmut, Infektionen, Übelkeit und Haarverlust führen. Moderne Medikamente sind jedoch deutlich besser verträglich. Bei einer Strahlentherapie zerstören ionisierende Strahlen die Krebszellen, so dass sie sich nicht mehr teilen können und absterben. Häufig wenden wir auch eine Kombination beider Therapien an (Radiochemotherapie).
Für lokal fortgeschrittene Tumore ohne Nachweis einer Fernmetastasierung in andere Organe ist heutzutage eine mehrwöchige Vorbehandlung (neoadjuvante Therapie) in Form einer Strahlentherapie oder Chemotherapie, häufig in Kombination, Standard. Nach einem bestimmten Zeitabstand erfolgt eine erneute Phase mit diagnostischen Untersuchungen (Restaging), in deren Rahmen das Ansprechen (Response) auf die Therapie geprüft und bewertet wird. Schreitet die Erkrankung nicht durch Metastasenbildung fort, erfolgt die Operation in der Regel vier bis acht Wochen nach Beendigung der Therapie. Je nach gewähltem Therapieregime kann unterstützend (adjuvant) eine weitere Chemotherapie erfolgen, wenn der Tumor vollständig entfernt ist, um noch nicht nachweisbare Metastasen zu vernichten. Eine sogenannte perioperative Chemotherapie verfolgt die Ziele, den Tumor vor der Operation zu verkleinern und nach der Operation das Risiko der Metastasierung zu senken
Ziel der chirurgischen Behandlung ist die vollständige Entfernung des Primärtumors und des Lymphabflussgebietes einschließlich der Wiederherstellung der intestinalen Passage (Durchgängigkeit des Verdauungstraktes), damit die Patient:innen wieder über den natürlichen Weg Schlucken und Nahrung aufnehmen können. Je nach Befunden und Zustand der Patient:innen entscheiden sich unsere Chirurg:innen häufig für eine Operation, bei der der überwiegende Teil der Speiseröhre entfernt wird und sowohl im Brustkorb als auch im Bauchraum operiert wird. Beide Arten von Speisenröhrenkrebs (Plattenepithelkarzinom und Adenokarzinom) können damit therapiert werden.
Der Eingriff kann offen oder minimalinvasiv als sogenannte Schlüsselloch-Operation erfolgen. Die operativen Möglichkeiten bei der Speiseröhrenchirurgie haben sich durch den Einsatz des roboterassistierten Operationssystems da Vinci sehr erweitert. Er ermöglicht besonders schonende Eingriffe. Unsere Chirurg:innen können so ohne große Schnitte höchst präzise operieren mit besten Ergebnissen: kleine Narben, wenig Blutverlust, geringe Schmerzen, schnelle Mobilisation und frühe Entlassung aus dem Krankenhaus. Mehr Informationen über das hochmoderne da Vinci-Operationssystem finden Sie hier.
Manchmal kombinieren wir auch die beiden Verfahren. Das fehlende Stück der Speiseröhre ersetzen wir überwiegend mit einem schlauchförmig nach oben gezogenen Teil des Magens, der meistens im Brustkorb (intrathorakale Anastomose), seltener auch im Halsbereich (cervikale Anastomose) an die verbliebene Speiseröhre angeschlossen wird
Nach der Operation wird das Tumorgewebe und die Lymphknoten im Labor untersucht, um sicherzustellen, dass die Krebszellen vollständig entfernt werden konnten. Zudem wird geprüft, ob sich über die Lymphbahnen Metastasen verbreitet haben, was die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls (Rezidiv) erhöhen würde.
Bei unheilbarem Speiseröhrenkrebs ist eine Operation nicht die Therapie der ersten Wahl. Dies ist der Fall, wenn eine hämatogene (über die Blutbahn verlaufende) Metastasierung in andere Organe oder weit entfernte Lymphknoten vorliegt, wenn der Tumor sehr weit oben in der Speiseröhre sitzt und bereits in die unmittelbar angrenzenden Organe einwächst oder der Allgemeinzustand bedingt durch die Begleiterkrankungen keine Operation zulässt. Dann kann eine alleinige Radiotherapie oder eine Chemotherapie als Alternative zu einer Operation in Frage kommen. Ziel dieser Maßnahmen ist es, das Leben bestmöglich zu verlängern, Schmerzen zu lindern und die verbleibende Lebensqualität zu verbessern. Eine Verengung oder ein Verschluss der Speiseröhre kann zudem mit einem Stent, einer gefäßerweiternden Röhre, aufgedehnt werden.
Nach der Operation
Frischoperierte werden für ein bis zwei Tage nach der Operation auf der Intensivstation beobachtet. Sie erhalten über einen zentralen Venenkatheter und einen Periduralkatheter eine künstliche Ernährung und eine ausreichende Schmerztherapie. In der Regel überprüfen wir am fünften Tag nach der Operation die neu angelegte Verbindung zwischen Magen und verbliebener Speiseröhre (Anastomose) und beginnen mit dem langsamen Kostaufbau. Nach wenigen Tagen können die Patient:innen wieder regelrecht essen, müssen jedoch anfangs ihre Essgewohnheiten etwas anpassen. Wichtig ist daher eine frühzeitige Ernährungsberatung und eine regelmäßige Gewichtskontrolle. Die meisten Patient:innen können am 12. bis 18. Tag nach der Operation entlassen werden. Schon während des stationären Aufenthaltes organisiert das Entlassmanagement frühzeitig in Rücksprache mit dem Patienten eine Weiterbehandlung in einer Rehabilitationsklinik.
Weitere Informationen
Mehr Informationen und Unterstützung finden an Krebs Erkrankte im Viszeralonkologischen Zentrum des Klinikums Leverkusen. Mit unserem ganzheitlichen Ansatz tun wir alles, damit Krebspatient:innen sich bei uns gut aufgehoben fühlen.
Uns ist es wichtig, auch nach der Behandlung für unsere Patient:innen da zu sein. Wir begleiten Sie mit Veranstaltungen, Gesprächskreisen und Selbsthilfegruppen.
www.krebs-selbsthilfe-lev.de
Die Selbsthilfegruppe SHG Magen-Darm-Trakt bietet aufgrund der aktuellen Pandemie-Lage mit Unterstützung des Klinikums derzeit reine Online-Treffen durch. Ansonsten führt die Gruppe regelmäßige Gruppentreffen durch.
Umfassende Informationen der Deutschen Krebshilfe, die mit Speiseröhrenkrebs erkrankte Menschen bei der Bewältigung ihrer Erkrankung unterstützen, sind kostenfrei erhältlich unter www.krebshilfe.de.